Mittwoch, 8. August 2012

behind your eyes - Kapitel 3

Als wir auf dem Studentenparkplatz ankamen, bremste Carver scharf ab, so das Ich einen Moment Schwierigkeiten hatte mich hinter ihm zu halten ohne runter zufallen. Mit einem Satz stieg ich ab, mir war nicht danach noch mehr Zeit mit ihm zu verbringen, kurzerhand zog ich den Helm ab, machte ihn an meiner Tasche fest und ging einfach los. Ich kam gerade mal ein paar Schritte, als er mich an der Schulter fasste und zurück zog. 
»Du willst doch nicht so schnell abhauen oder Babe?« Erklang seine dunkle Stimme, augenblicklich blieb ich stehen. 
»Was willst du noch?«, fragte ich ihn frei heraus, eigentlich wollte ich nur in die Uni und meine Ruhe haben. Das Gespräch mit Mason wäre heute noch genug Aufregung, ich war enttäuscht und verletzt, doch wollte ich seine Erklärung abwarten, bevor ich eine Entscheidung traf. Ich wollte die fünf Jahre mit ihm nicht einfach wegwerfen. Vielleicht konnte er mir eine Erklärung geben, die mich ein wenig besänftigte, aber eigentlich glaubte ich nicht dran. Was sollte es schon für Entschuldigungen geben, die Fremdgehen mindert? 
»Heute Abend bist du auch am Start?« Ich nickte nur als Antwort auf seine Frage. Wie sollte ich auch sonst das Startsignal für dieses Rennen geben?

Ich hielt eigentlich nichts davon, aber die Männer liebten diesen Kick. Normalerweise brauchte ich nie zu irgendeinem Event mitgehen, Mason wollte mich meist nicht dabei haben. Männersache, wie er es so schön ausdrückte, zudem wusste er, was ich davon halte, wenn sie mit ihren Maschinen eine steile Kurvenfahrt machten, auf irgendwelche Klippen zurasten, oder Sonstiges, was gefährlich war. Eric hingegen sah es anders, da ich Masons Freundin bin, wollte er mich unbedingt dabei haben. Eigentlich hatte er es auch so schön öfter versucht, aber bisher hatte ich immer eine Ausrede genutzt. Leider war er dieses Mal schlauer und hatte mich gefragt, ob ich Zeit hätte, weil er mit Mason und mir essen gehen wollte, was wirklich dahinter stand erfuhr ich erst viel später. »Du kommst zum ersten Mal, oder hab ich dich irgendwann verpasst?«, fragte er und zog seine Mundwinkel zu einem breiten Grinsen. Er stellte wirklich blöde Fragen, wenn ich bereits dort gewesen wäre, hätte er es als Erstes erfahren. Ich wusste von Mason und Eric, dass Carver sich die Menschen immer anschaute, um zu wissen, ob sie in seinem Sinne 'clean' waren, was so viel heißt, wie keine Bullen oder der gleichen. 

»Ich schlage zum ersten Mal bei euch auf. Doch das Ich komme, wirst du nie erleben.« konterte ich. Carver zog mich lässig an sich und lehnte seinen Kopf an meinen. 
»Sei dir da nicht so sicher, Babe«, raunte er in mein Ohr. Augenblicklich verkrampften sich meine Muskeln. Jedes Mal, wenn er so leise sprach, zog seine Stimme in die einzelnen Zellen meines Körpers. Erst ein leichter Schauer, der durch seinen warmen Atem auf meinem Hals ausgelöst wurde, sorgte dafür, dass ich meinen Körper wieder unter Kontrolle bekam. 
»Spiel nicht mit mir ...« versuchte ich ihn abzuwimmeln. Es war für mich angsteinflößend, wie er mit seiner Gabe spielte, oder zumindest so tat. Carver lachte leise, ihm schien meine Reaktion zu gefallen. Erst als das Geräusch von Erics Motorrad zu uns durchdrang, ließ er von mir ab. Sofort drehte ich mich in die Richtung. Eric bremste neben uns, um einiges sanfter als Carver es vorhin tat. Lily saß direkt hinter ihm, sofort zog sie ihren Helm aus und fuhr sich mit der Hand durch ihr blondes Haar. Man konnte merken, dass sie selbstbewusst war, sie kannte ihren Körper und wusste, wie Männer auf diesen reagierten.

»Hey Darling.« ertönte ihre Stimme, als sie vor Carver stand. Ich versuchte meine Blicke von dieser Frau weg zu halten und konzentrierte mich auf Eric. Nachdem, was ich letzte Nacht sah, wollte ich nicht wissen, wie ich reagieren würde, wenn ich sie beachten würde. Eric machte noch kurz was an seiner Ninja und kam dann ebenfalls zu uns. 

»Wieso bist du noch nicht in der Vorlesung?« Mit einem Lächeln sah ich ihm entgegen, als er sich mit verschränkten Armen vor mich stellte. 
»Ich hab auf meinen Lieblingsbruder gewartet. Ist das so schlimm?«, versuchte ich von seiner Frage abzulenken. Ich hatte nicht wirklich vor ihm eine richtige Antwort zu geben. Aus meinem Augenwinkel konnte ich sehen, wie Carver Lilly von sich wegdrückte, ein wenig irritiert drehte ich mich in seine Richtung. 
»Hör auf mich so zu nennen, für dich bin ich nichts anderes, als die Kerle mit denen du tagtäglich ins Bett springst.« seine Stimme war eiskalt, nicht ein Funke Gefühl lag in ihr, er musste sie wirklich hassen. Allerdings fragte ich mich, warum er dann noch mit ihr zusammen war. 
»Darling, was ist los mit dir? Hat diese Schlampe etwas damit zu tun?«, fragte sie direkt, ich merkte ihre Blicke auf mir, was mich innerlich zum Kochen brachte. Ich weiß nicht, wieso ich mich auf ihr Niveau runter ließ, aber ich konnte nicht widerstehen, ihr etwas an den Kopf zu werfen. 
»Nicht jeder ist so wie du und nimmt sich einen Mann, der vergeben ist.« Es sprudelte einfach so aus mir heraus, es war nicht mal beabsichtigt. Carver schlug sanft gegen meine Schulter, und als ich ihn ansah, merkte ich, dass ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen lag. Auch von Lilly kam eine Reaktion, sie lachte sofort drauf los. 
»Du bist also Alexa, die Kleine von Mason? Und deiner Aussage nach würde ich davon ausgehen, dass Carver gestern bei dir war, oder?« Ich hatte nicht vor ihr zu antworten. Ihr Freund äußerte sich ebenfalls nicht. Ohne weiter auf dieses Gespräch einzugehen, ging ich an ihr vorbei. Jetzt wollte ich nur noch in die Vorlesung.

»Wir sehen uns heute Abend, Babe«, hörte ich Carver hinter mir herrufen. Ich hob die Hand, um ihm zu zeigen, dass ich ihn gehört hatte, und ging stur weiter Richtung Unigelände. Der Tag würde noch einiges mit sich bringen, spätestens heute Abend würde ich wieder auf Lilly treffen, jedoch mit der Hoffnung, dass ich bis dahin alles mit Mason geklärt hätte.

Die letzte Vorlesung war gerade zu Ende, ich musste wirklich damit kämpfen nicht einzuschlafen so müde war ich noch von der Nacht. Wieso musste Carver ausgerechnet mitten in der Nacht aufschlagen? Er hätte es mir genauso gut auch heute Abend erzählen können. Ich schlenderte langsam vom Hof runter, Mason war in keiner Vorlesung, wahrscheinlich war er ebenfalls zu lange wach. Er hatte keinen Bruder, der ihn zur Uni prügeln würde, wenn es nötig wäre. Seine Eltern interessierte es auch nicht, wenn er das Jahr nicht schaffen würde, würde er halt wiederholen. Es störte dort niemanden, sie bezahlten ihn alles, wenn er dafür keinen Unsinn bauen würde. Ich nahm mein Handy zur Hand, die Sache mit Lilly lag mir immer noch im Magen und ich wollte es klären. Ich stockte kurz, als ich seine Nummer wählte, ich fürchtete mich vor seiner Reaktion. Auch wenn ich sauer war, ich hatte genug Zeit darüber nachzudenken, was er mir bedeutete. Ich wollte ihm überlassen, ob er es sagte, und überlegte ihm unter der Bedingung zu verzeihen, dass es von ihm selber kam und eine glaubhafte Entschuldigung von ihm käme. Daran, dass er sich nicht entschuldigen würde, wollte ich gar nicht denken. Schnell wählte ich seine Nummer und legte das Handy an mein Ohr.

»Hey Honey«, erklang seine Stimme am anderen Ende der Leitung, sie klang normal, nicht ein wenig schuldbewusst. 

»Du warst nicht in der Uni, ist alles Okay bei dir?«, versuchte ich einen Grund für meinen Anruf zu erläutern. Ich wollte nicht, dass er Verdacht schöpfen würde. 
»Ich hab verpennt und bin gerade auf dem Weg zu dir, wir müssen reden.« Ich schluckte deutlich hörbar, da seine Stimme plötzlich ernst klang. Es dauerte einen Moment, bis ich mich wieder gefasst hatte und ihm nicht an den Kopf warf, dass ich alles wusste. 
»Ich brauch etwa fünfzehn Minuten, der Bus müsste jeden Moment kommen.« 
»Okay, dann sehen wir uns gleich.« Wir verabschiedeten uns kurz.

Der Bus kam auf die Minute genau und brachte mich fast bis vor die Haustür. Ich konnte Mason schon sehen, er wartete vor der Haustür, lehnte an der Mauer und starrte in den Himmel. Er wirkte abwesend. Langsam ging ich auf ihn zu, ich wusste nicht, wie ich auf ihn reagieren sollte. Allein ihn da stehen zu sehen, fühlte sich so an, als wenn man mir das Herz durchbohrte. Ich könnte einfach so anfangen zu weinen. Mason senkte seinen Blick auf meine Höhe, als ich kurz vor ihm stand. 

»Hey«, sprach er kurz aus. Er vermied den Blick in meine Augen, ich konnte es ihm nicht verübeln, denn ich versuchte es auch. Ohne eine Antwort schloss ich die Türe auf und ging rein. 
»Eric ist noch auf der Uni.« Ich weiß nicht, warum ich es sagte, er wüsste es sowieso, immerhin kannte er Erics Studienplan genauso wie ich. Aus dem Augenwinkel vernahm ich, dass er nickte. Die Tür fiel ins Schloss. 
»Ist das Erics Jacke?«, erklang Masons Stimme hinter mir, er sprach leise, aber es war dennoch verständlich genug. 
»Nein, du weißt, dass er mir seine niemals geben würde.« Schnell zog ich die Jacke aus und hing sie an die Garderobe, wieso hatte ich auch vergessen, dass ich sie trug. Lügen hätte nichts gebracht, die Männer hatten vorne am Kragen einen kleinen chinesischen Schriftzug, jeder einen anderen und anhand von diesem hätte er die Wahrheit rausfinden können.

»Was wolltest du mit mir besprechen?« Mason starrte die ganze Zeit auf die Jacke, nicht einen Ton hatte er gesprochen. 

»Du weißt es bereits, nicht wahr? Carver hat seine Drohung wahr gemacht.« Es war keine Frage, es war mehr eine Selbstbestätigung, dass etwas Unvermeidliches eingetroffen war. 
»Alexa ... es tut mir leid. Es war ein Fehler und ich ...« ich drehte mich zu ihm, bevor er weiter reden konnte. Er stockte und sah mich an, er sah fertig aus, seine Stimme klang zittrig, er schien Angst vor meiner Reaktion zu haben. Ein wenig erstaunte mich seine Haltung, er wusste, dass Carver hier war und auch, dass er mit mir geredet hatte. Dennoch äußerte er nicht den Verdacht, dass etwas zwischen mir und ihm gelaufen sein könnte. 
»Bitte, Alexa ...«, fing er erneut einen Satz an und kam auf mich zu. 
»Bitte ... ich will dich nicht verlieren. Es war ein wirklich blöder Fehler von mir. Wenn ich könnte, würde ich es rückgängig machen.« Ich starrte ihn an, im Moment war ich sichtlich überfordert mit dieser Situation. In mir stieg die Wut auf, dass er etwas mit einer anderen hatte und das ausgerechnet mit dieser plastischen Blondine. Die Traurigkeit darüber, dass ich so naive war, ihm zu vertrauen, weil wir fünf Jahre zusammen waren und mein Herz, das mir sagte, dass ich ihn immer noch liebte. Mein Körper fing an zu zittern und schon liefen Tränen meine Wangen herunter. 
»Ich weiß nicht was ich sagen soll ...«, antwortete ich ihm, ich wusste wirklich keine Antwort. 
»Ich kann verstehen, dass du verletzt bist und Angst hast. Ich habe nicht nachgedacht und war so blöd, hab einfach alles aufs Spiel gesetzt.« Mason lehnte sich an die Wand und starrte die Gegenüber liegende an. Schnell wischte ich die Tränen weg und betrachtete ihn genau. Sein sonst draufgängerisches Aussehen, bei dem er darauf bedacht war, gut auszusehen, war vollends weg. Er sah aus, als hätte er heute Morgen einfach nur irgendwas drüber gezogen. 
»Wieso sie?«, fragte ich leise, obwohl ich wusste, dass diese Antwort mich verletzen würde. 
»Ich weiß es nicht. Es ist einfach so gekommen«, wisperte er mit zitternder Stimme und schon verirrten sich Tränen seine Wangen hinunter. Einen Augenblick später hatte er sich wieder ein wenig gefangen und führte seinen Satz weiter: 
»Sie wollte eigentlich nur Nachhilfe in Mathe. Ich hatte oft gehört, dass sie sich systematisch Männer sucht, aber ich ging doch nicht davon aus, dass sie nichts anderes im Sinne hatte.« Mason schien wirklich am Ende mit seinen Kräften, ihm ging es nicht besser als es mir gerade ging. Ich drehte mich weg, der Gedanke an ihn und Lilly zog meinen Magen zusammen.

Bevor ich die Kontrolle über meine Tränen verlieren würde, ging ich ins Wohnzimmer und setzte mich auf die Couch. Direkt zogen sich die Tränen neue Bahnen über meine Wangen. Mason folgte einige Zeit später und hockte sich vor mich. Nur seine Hand war auf meinem Oberschenkel platziert, womit er beruhigend darüber strich. 

»Ich weiß, dass es viel von mir verlangt ist, eine zweite Chance zu bekommen, aber Alexa, ich liebe dich, nur dich!« Die letzten Worte ließen mich aufblicken, was nannte er Liebe? Ich fühlte mich richtig elend, weil er es verbockt hatte und nun nahm er diese Worte in den Mund. Vorsichtig legte ich meinen Kopf zurück und versuchte mich zu beruhigen. Ich regte mich innerlich über diese Worte auf, diese Worte, die mich sonst zum Lächeln gebracht hatten. 
»Ich brauche Zeit, woher soll ich wissen, ob du wirklich mich liebst, oder ob du nur zurückgekommen bist, weil Lilly Carver nicht verlassen würde«, krächzte ich mit mühe aus meiner Kehle heraus. Meine eigenen Worte sorgten dafür, dass ich erneut heftig schluchzte. Vor mir polterte es leicht, doch mir fehlte die Lust nachzusehen, was Mason machte. Erst als warmer Atem über mein Gesicht fuhr, riss ich die Augen auf, doch in diesem Moment lagen seine Lippen schon sanft auf Meinen. Augenblicklich löste er den Kuss, jedoch nur um etwas zu sagen: 
»Lass mich deine Tränen trocknen und dir zeigen, wie sehr ich dich liebe.« ich drehte mein Gesicht weg, als er mich erneut küssen wollte, es fühlte sich nicht richtig an. Es würde ihm Hoffnungen geben und ich war mir gerade selber nicht sicher. 
»Lass mir Zeit, bitte«, flüsterte ich, während ich meine Hand auf seinen Brustkorb legte und ihn wegdrückte. Mason legte seinen Kopf auf meine Schulter. 
»Ich geb dir so viel Zeit du willst, nur bitte ... bitte behandel mich nicht so kalt. Das ertrag ich nicht lange.«

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