Mittwoch, 8. August 2012

behind your eyes - Kapitel 1

Das Klingeln an der Türe riss mich abrupt aus meinen Gedanken, die ganze Nacht starrte ich einfach nur aus dem Fenster und dachte über die letzten Tage nach. Die Betthälfte neben mir war leer, wiedereinmal war mein Freund nicht hierher gekommen, bereits das dritte Mal diese Woche und das, trotz das wir zum Essen verabredet waren. Langsam fragte ich mich, was er überhaupt noch bei mir wollte, wenn er seltener hier war, als mein drei Jahre älterer Bruder. Okay, Eric, mein Bruder, war mit seinen vierundzwanzig noch Single, kein Bedarf nach Frauen, sagte er immer und Sex hatte er mehr als genug. Ich hingegen hing eigentlich sehr daran, einen Partner zu haben, bei dem ich mich fallen lassen konnte, dem ich vertraute und der jede Nacht neben mir schlafen würde. Sanft drückte ich die Decke zur Seite und stand auf, mein kurzes, dünnes Nachthemd rutschte an meinem Körper auf seinen ursprünglichen Platz, durch das Wälzen war es vollkommen verrutscht.
Leise ging ich in den Flur und die Stufen runter, Eric sollte nicht aufwachen, wenn er einmal schlief. Es war das Beste, er konnte wirklich ein unangenehmer Genosse werden, wenn man ihn weckte.

Langsam trat ich auf den Hof, sofort erhellte das Licht den nassen Boden und zwei Hunde rannten auf mich zu. Es war ein scheußliches Wetter für diese Wesen, dennoch waren sie hier draußen, aber drinnen konnte ich sie nicht laufen lassen, wenn Mason hierher kommen sollte, würde es nur zu Streit führen. Ich beugte mich ein Stück vor, die Zeit sollte der Besucher mit sich bringen, meine zwei Lieblinge Rex und Killer musste ich immer streicheln. Rex, mein Husky drückte sich sofort an mich, er liebte nichts mehr, als wenn man ihn hinterm Ohr kraulte, selbst einen Knochen ließ er dafür liegen. Killer, mein Schäferhund, hingegen sah es etwas anders, er ließ sich nur kraulen, wenn er etwas wollte. Ich drehte mich zu ihm und sah ihn entschuldigend an. 

»Es tut mir Leid mein Süßer, ich kann dich nicht reinlassen.« Noch einen leichten Klaps für jeden der beiden und schon konnte ich wieder aufstehen.

»Mason? Bist du es?« fragte ich vorsichtig, es musste jemand sein, den die Hunde kannten, sonst hätten sie gebellt, aber dennoch machte ich ungern das Tor auf, ohne zu wissen, wer davor stand, besonders um diese Uhrzeit. 

»Alexa?« ertönte eine dunkle Männerstimme, sie klang traurig und hasserfüllt, von niemandem war ich eine solche Tonlage gewohnt, auch nicht von Erics Freunden. 
»Wer sonst?« entgegnete ich monoton und ging näher zum Tor, jetzt war ich neugierig, wer sich so spät in der Nacht noch zu uns wagte.

Vorsichtig öffnete ich das Tor, ein leises Quietschen kam von den Scharnieren, die meinem Zug nachgaben. Mason hatte es immer noch nicht geölt. Normalerweise fiel es mir nicht auf, eigentlich ging ich immer durch die Haustüre raus, nur nachts war es mir über den Hof sicherer, die beiden Hunde passten immer gut auf und allein deren Anwesenheit würde fremden Menschen einen Schrecken einjagen. Nicht viele wussten, dass diese beiden eigentlich handzahm waren und nur gefährlich aussahen.

Meine Blicke erfassten direkt die schwarze Hayabusa, wie ich dieses Model von Suzuki liebte, erst danach richtete ich meinen Blick auf den jungen Mann, der bei ihr stand. Langsam lies ich meine Augen über seinen Körper wandern. Sein Gesicht war bedeckt von einem schwarzen Helm, den die gleichen roten Zeichen verzierten wie sein Motorrad. Sein muskulöser Oberkörper war lediglich von einer Lederjacke bedeckt, zu allem Überfluss war sie bei diesem Wetter auch noch offen, die Regenperlen zogen dünne Bahnen über seinen Oberkörper. Er trug eine dunkle enge Jeans, deren Bund von einem schwarzen Gürtel verziert wurde, als Schnalle hatte dieser einen Skorpion. Die Hose verlief sich in schwarze, wadenhohe Stiefel mit Schnallen.
Langsam zog er seinen Helm aus, sein platinblondes Haar legte sich zottelig um sein Gesicht, seine Lippe war mit einem schwarzen Ring geziert, seine leuchtend roten Augen blitzten kurz, durch den Einfall des Lichtes vom Hof, auf. Es waren sogenannte ‚Devil Eyes‘, eine Genmutation und der eigentliche Grund, warum ich vom ersten Moment an Respekt vor ihm hatte. Die Gene des Devil Eye gab es nur in wenige Familie bei uns in der Stadt, die Menschen hier fürchteten sich vor diese und sagten die Augen kämen vom Teufel persönlich. Eigentlich war es für den Besitzer schlimmer, als für jeden sonst, den dieser konnte Bruchstücke aus der Zukunft, Vergangenheit und Gegenwart aufnehmen. Die wenigsten konnten es kontrollieren, was bei den meisten zu einer psychischen Störung führte.

»Kann ich reinkommen?« riss mich der Mann vor mir aus meinen Gedanken, ich hatte ihn ein paar Mal bei Eric gesehen, selbst Mason kannte ihn. Wenn ich mich recht erinnerte, war es der Anführer dieser Gang zu der Mason nun auch gehörte, der Scorpions, Carver. 

»Soll ich Eric wecken?«, fragte ich ihn, wobei ich ein Stück zur Seite ging. Er hing seinen Helm um den Lenker und begann sein Motorrad in unseren Hof zu schieben. Alle, die zu Besuch kamen, stellten sie dort ab, die Straße hier in der Gegend war nicht wirklich sicher. Obwohl ich eigentlich etwas verwirrt darüber war, dass er hier war, den normalerweise kam er nur vorbei um Eric oder Mason abzuholen, folgte ich ihm in den Innenhof.

Quietschend viel das Tor zurück ins Schloss, während ich meinen Blick nicht von Carver nahm. 

»Nein, ich wollte zu dir.« sprach er leise und mit zitternder Stimme aus, sofort kam mir der Gedanke, dass irgendwas mit Mason sein müsste, was sollte er sonst von mir wollen. 
»Was ist passiert? Geht es Mason gut?« fragte ich schnell und stellte mich vor ihn, er nickte leicht, worauf ich ein erleichtertes Seufzen von mir gab, für einen Moment hatte ich wirklich Angst davor, dass irgendwas sein könnte, es wäre nicht das erste Mal, dass die Männer auf idiotische Ideen gekommen wären.

Carver machte einen Schritt auf mich zu, jetzt stand er unmittelbar vor mir, ich spürte seinen schnellen Atem auf meinem Gesicht. Vorsichtig legte er seine Hand auf meine Wange, ein leichter Anflug von Angst überkam mich, mein Atem beschleunigte, mein Herz raste unangenehm gegen meinen Brustkorb. »Du brauchst dich nicht fürchten, ich will dir nichts tun«, sagte er mit beruhigender Stimme und strich über meine Wange. 

»Schließ deine Augen, ich will dir etwas zeigen.« Einen Moment stockte ich, entschloss mich jedoch seinen Worten folge zu leisten, ungeachtet dessen, was er vorhaben könnte.

Um mich herum veränderte sich alles, der dunkle Innenhof wurde zu einem Raum, Stück für Stück erhellte sich die Umgebung, es sah aus wie ein Saal in der Universität. Ein leises Stöhnen ließ mich nach Luft schnappen, im selben Augenblick drehte ich mich um und sah in die Richtung. Auf dem Pult lag ein Mädchen, blond, gut gebaut, ich spielte nicht annähernd in ihrer Liga, dennoch kannte ich sie, ihre Art kam mir so vertraut vor. 

»Lilly, bist du dir sicher?« erklang eine Männerstimme, deren Klang mir bis ins Mark fuhr und mich erschaudern lies. 
»Wenn du dich traust, Alexa fremd zu gehen komm her. Carver kennt es von mir nicht anders, er würde mich niemals verlassen.« Ich traute meinen Ohren nicht, innerlich zerrissen alle freudigen Erinnerungen, an die ich mich die letzten Monate klammerte. Zwischen Mason und mir lief es länger nicht mehr wirklich, es waren bereits fünf Monate vergangen, dass wir zuletzt zusammen irgendwohin gegangen waren, oder zusammen Zeit verbrachten, an unseren letzten Sex konnte ich mich gar nicht mehr erinnern. Mason trat aus dem Schatten des Raumes, langsam ging er auf die junge Frau zu. Ich hoffte innerlich so sehr darauf, dass er diesem Angebot nicht einwilligt, dass er um mich kämpfen würde. Seine braunen Haare fielen ihm nass ins Gesicht und auch seine ganzen Sachen waren von Wasser durchtränkt. Er trug die Kleidung, mit der er heute vor die Türe ging, eine abgenutzte Jeans, ein graues Hemd und seine Boots. 
»Du hast zu viel an, mein Liebster.« erklang die Stimme von Lilly, verführerisch zupfte sie an seinem Hemd, beugte sich zu ihm vor, biss ihm leicht in den Hals und knöpfte langsam sein Hemd auf. 
»Nicht jeder kann es so eilig haben wie du, Bitch.« Masons Stimme zitterte vor Erregung, als sie ihm das Hemd von den Schultern strich und mit ihrer Zunge über seinen nackten Brustkorb fuhr. Ich spürte etwas Nasses auf meiner Hand, aus Reflex senkte ich den Blick, eine Träne schimmerte auf meinem Handrücken.

»Willst du mehr sehen?« erklang Carvers Stimme neben mir, er schien sich das Geschehen ebenfalls ansehen zu müssen, damit er es mir zeigen konnte. 

»Ist es wirklich wahr?«, fragte ich unsicher, ob ich dieser Vision trauen konnte, auch wenn es schlecht lief, ich hoffte inständig auf die Ehrlichkeit meines Freundes. Carver lehnte einen Arm um meine Schulter und zog mich sanft an sich ran. 
»Das Devil Eye erlaubt vieles, aber keine Manipulation der Visionen. Es zeigt die kalte Wahrheit, ganz gleich, ob man es verkraftet oder nicht.« sagte er behutsam und drückte mich noch etwas fester an sich.

»Jetzt komm schon, Alexa wird es nicht erfahren.« erklang Lillys Stimme, ich drehte mich wieder zu den beiden. Mason war bereits nackt, schnell senkte ich den Blick ein wenig, auch wenn wir nicht in Wirklichkeit bei den beiden waren, es gehörte sich nicht, sie anzustarren. Mason beugte sich über Lilly und drückte sie auf das Pult zurück, verlangend strichen seine Hände über ihren Körper, während er ihre Brüste mit seinem Mund liebkoste. Lilly schrie kurz auf, als er sich an sie drückte, und schon legten sich seine Lippen auf ihre und die beiden begangen ein heißes und inniges Liebesspiel. Die Geräusche ihres Liebesspiels verstummten und aus dem Licht des Raumes wurde wieder Dunkelheit, Carver hatte sich von mir gelöst, hielt sich trotz allem unmittelbar vor mir.

Der Regen prasselte unaufhörlich auf mich ein, vermischte sich mit den Tränen in meinem Gesicht und hinterließ heiße Bahnen auf meinen Wangen. Ich hatte damit gerechnet, dass mein Freund untreu war, aber dass ich es auf diesem Weg, mittels der Begabung seines Leaders erfahren musste, war verletzend, schmerzhafter als hätte er es mir selber ins Gesicht gesagt. 

»Das ... das kann nicht wahr sein ...« versuchte ich meine Zweifel und Trauer zu unterdrücken. 
»Mason würde niemals ...« meine Stimme versagte beim Versuch meinen Freund, vor solchen Anschuldigungen, zu schützen. Ich wollte dem Devil Eye nicht trauen, auch wenn ich wusste, dass alles nichts brachte, Eric beschäftigte sich schon Jahre mit diesem Phänomen und hatte mir einige Male etwas darüber erklärt. 
»Alexa, sei nicht dumm ...« ich sah zu Carver auf, blickte ihm in seine Augen und versuchte eine Schwäche zu finden, etwas das mir sagte ich könne ihm nicht glauben. 
»Es ist nicht das erste Mal, dass ich die beiden zusammen sah.« Carver war sehr direkt, dafür, dass ich ihn eigentlich nicht kannte, sein Blick war fest, sie zuckten nicht einmal leicht. Langsam sah ich auf den Boden, als meine Blicke über seine Kleidung gingen, fiel mir erneut auf, dass er völlig durchnässt war. 
»Carver? Willst du mit reinkommen? Du holst dir hier draußen den Tod und drinnen können wir besser reden.« Meine Eltern hatten mir beigebracht, immer freundlich und zuvorkommend zu sein, egal wie es mir ging oder was gerade geschehen war. Es gab nichts, was dem Wohlergehen der Gäste vorging. Ich vernahm ein sanftes Nicken, seinerseits, drehte mich um und ging zur Türe. Jeder Schritt, den ich machte, ließ meinen Körper zusammenziehen, es schmerzte die Wahrheit zu kennen über der man sich hätte schon so länger im Klaren sein sollen.

Hinter Carver fiel die Türe ins Schloss, ich brachte ihn durch den kleinen Flur ins Wohnzimmer und deutete ihm an, auf einem der Holzstühle platz zu nehmen. »Ich hol nur eben Zeug von meinem Bruder«, sagte ich und wandte mich wieder von ihm ab. Das Zimmer von Eric lag im ersten Stock und am Ende des langen Flures. Er hatte das größte Zimmer im Haus und das, obwohl er selten zuhause war. Theoretisch wohnte ich in diesem riesigen Anwesen alleine, drei bis vier Mal die Woche ‚erniedrigte‘ sich Eric hier zu schlafen, statt bei einer seiner Frauen, nur damit ich nicht dauernd allein war. Mutter und Vater waren vielleicht alle 2 Wochen für ein paar Tage zuhause, aber es störte mich nicht, so konnte ich immer viel Zeit mit Mason verbringen. Auf dem Weg stolperte ich über ein paar Schuhe, ich hätte nicht sagen können ob es meine waren oder seine, nur das es für einen Moment höllisch schmerzte. Ich riss die Türe zum Zimmer auf, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass Eric zuhause war, schaltete ich das Licht an. 

»Verdammt Alexa! Es ist vier Uhr nachts, was soll der Scheiß?« fluchte er mir entgegen mit seiner verschlafenen Stimme. Ich kletterte über sein Bett, auf seinen Schrank zu und öffnete eine Türe. 
»Bin gleich wieder weg, brauch nur eben ein paar Sachen von dir.« Schon wühlte ich in dem Chaos seines Schrankes, ich schmunzelte, als ich merkte, dass dieser nicht besser aussah, als sein Boden. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte ich eine Hose und ein Shirt in der Hand und kletterte über sein Bett zurück. Eric fasste eins meiner Beine und stoppte mich, als ich über ihn klettern wollte. 
»Und für wen ist der Kram? Ich hoffe nicht für Mason.« Schnell hauchte ich ihm einen Kuss auf die Wange, er mochte Mason nicht und ihn würde es selbstverständlich freuen zu hören, dass Mason gerade mit Lilly beschäftigt war. 
»mach dir keine Sorgen, schlaf einfach weiter.« Schnell huschte ich zur Tür rüber, noch war er nicht richtig wach und freilich, das war besser so. 
»Zieh dir was anderes an, mit dem Fummel wirst du dich nicht vor einem Jungen zeigen. Der kommt gleich auf andere Gedanken!« Ich nickte nur leicht und zog die Tür hinter mir zu, nachdem ich das Licht ausgemacht hatte. Hoffentlich schlief er jetzt wirklich weiter, für ihn wäre es genau das Richtige, mich mit Carver zu ertappen. Schnellen Schrittes ging ich den Gang entlang und machte nur noch kurz halt um ein Handtuch aus dem Bad zu holen.

Carver wartete im Wohnzimmer, sein Blick war starr auf die Treppe gerichtet, irgendwie wirkte er abwesend. Mit einem Lächeln lies ich das Handtuch vor seiner Nase pendeln 

»hier, zieh dich um.« Eine Weile dauerte es, bis er eine Reaktion zeigte, sein Ausdruck in den Augen lockerte sich auf und seine Lippen verzogen sich zu einem sanften Lächeln 
»Und, was ist mit dir?« 
»Gleich, ich wollte lediglich vorher deine Sachen aufhängen.« ging ich auf seine Frage ein und beobachtete, wie er langsam seine Jacke von seinem Oberkörper streifte. Binnen einiger Sekunden lag sie Achtungslos auf dem Boden, wobei seine Hand auf das Handtuch zu schnellte. 
»Du bist eiskalt, Alexa«, stellte er fest, als wir uns für den Bruchteil einer Sekunde flüchtig berührten. Er umgriff mein Handgelenk, zog mich sanft an sich und legte seine Arme um mich. Mein Atem setzte aus, als ich an seinem warmen Brustkorb lehnte. 
»Atme«, hauchte er in mein Ohr, ein leichter Schauer überfuhr meine Gänsehaut, während ich meinen Mund öffnete, um etwas zu sagen, diese Situation war nicht richtig, auch wenn Mason und Lilly anders dachten. 
»Sag jetzt nichts«, flüsterte er und näherte sich mir langsam mit seinem Gesicht. Behutsam legten sich seine sanften Lippen auf die meinen.

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